9 unerschrockene Bergsteiger starten zur heutigen Gipfeltour auf den Cima Ziolera. Die gnadenlos zugeparkte Paßhöhenregion zwang uns dazu, das Auto etwas unterhalb der Manghenhütte (2.020 m) an den Straßenrand zu kleben und die Tour von dort aus zu starten. Egal, wir begrüßen alles was hart macht. Natürlich auch den teils starken Nordföhnwind, der für gute Sicht und fiese Frisuren sorgte. Direkt vor der Manghenhütte nehmen wir unser Ziel schon mal in Augenschein - die gut 400 Höhenmeter sollten eigentlich ein lösbares Problem sein.
Irgendwo hatte ich mal gelesen, daß der Lagorai ein wenig bekannter "Geheimtip" sei, man vom Massentourismus also eher verschont bleibt. Eigene Erfahrungen konnten diese kühne These nicht bestätigen, denn rund um die Manghenhütte hatten wir eher das Gefühl, daß das Oktoberfest hier gerade neu erfunden wird. Auf der Paßhöhe (2.047 m) folgen wir dem links gezeigten Weg mit der Wegmarkierung 322 (nicht 322A!), die unter anderem zum "Forcella Ziolera" ausgeschildert ist. Die Zeitangabe ist mit 1:30 aber auch für unseren Gipfel sehr realistisch. Und der relativ hohe Mast, auf dem die Wegweiser montiert sind, trägt dem Umstand Rechnung, daß dieser Weg zwischen den parkenden Autos etwas schwer zu finden ist ;=} Es beginnt wie ein Spaziergang - mit nur minimaler Steigung führt der Weg am Hang entlang und nähert sich 3 Kehren, in denen die Steigung deutlich zunimmt aber immer noch im gemütlichen Bereich bleibt. Bald sehen wir Cima Ziolera schon fast von der Seite, während wir die letzte Kehre vor dem Sattel "Forcella del Frate" (=Mönchsgabel) hinaufgehen. Nach rund 40 Minuten Gehzeit erreichen wir diesen Sattel in 2.228 m Höhe, vor dem die Steigung wieder deutlich abnimmt. Schlagartig tut sich ein grandioser Blick auf die südlich gelegenen Berge und Täler auf. Als kleiner Abstecher empfiehlt sich der aus dieser Perspektive rechts gelegene Gipfel Cima di Valsolero (2.283 m). Wir wollen aber nach kurzer Rast auf dem Sattel links hinaufgehen. Aber nun ist bis zum Gipfel Schluß mit Lustig. Die links gezeigte Aufnahme zeigt, in welchem Stil es bis zum Gipfel weitergeht. Ein schmaler und ziemlich gerölliger Pfad führt stangerlgrad zum Gipfel hinauf, während die schon zu Beginn recht knuffige Steigung immer weiter zunimmt. Den einigermaßen trittsicheren Bergwanderer sollte auch dieser Abschnitt vor kein großes Problem stellen. Nach weiteren 50 Minuten stehen wir dann auf dem Gipfel und genießen den grandiosen Rundblick über die südlichen Alpen. Das etwas spartanisch wirkende Gipfelkreuz ignorieren wir einfach mal und "kümmern" uns um das was sich unseren Augen von hier oben aus bietet.
Ein Wort zum Lagorai: Trotz seiner Nähe zu den klassischen Dolomitenmassiven wie Rosengarten und Latemar, besteht die Lagoraikette nicht aus dem typisch weißen Dolomitgestein, sondern größtenteils aus Porphyr und Quarz. Daß der Lagorai trotzdem zu den Dolomiten gezählt wird, liegt daher wohl eher in der geografischen Lage begründet. Die Bergkette mit ihren schwarzen, rötlichen oder grünlichen Felswänden entstand aus vulkanischer Tätigkeit (!) bereits vor 300 Mio. Jahren, also lange Zeit vor der Auffaltung der heutigen Alpen vor ca. 135 Mio. Jahren. Die Gebirgsgruppe wird auch als "Fleimstaler Alpen" bezeichnet. Schaun wir zunächst mal nach Norden. Hier blicken wir in das Etschtal und sehen Merans markante "Bergnase", den Gantkofel sozusagen "falsch herum". Auch Meran ist auf diesem Bild gut zu erkennen, dahinter, halb verdeckt von einer Föhnmauer, die Ötztaler Alpen. Das Bild wurde mit einem 135mm Teleobjektiv (Festbrennweite) aufgenommen was bei der eingesetzten Kamera ungefähr der 14-fachen Vergrößerung entspricht. Der Kontrast wurde wegen dem unvermeidlichen Dunst, verursacht durch rund 65 km Luft, kräftig verstärkt. Nun drehen wir uns rechts herum und schauen nach Nordosten in die Dolomiten hinein. Die Perspektive ist für uns schon reichlich ungewohnt. Aufgenommen wurde mit 135 mm Brennweite, das Panoramabild besteht aus 2 Einzelaufnahmen. Wieder ein kleiner Schwenk nach rechts, nun schauen wir direkt nach Osten in den östlichen Teil der Lagoraikette. Nach einem weiteren Rechtsschwenk dann die Überraschung: Zwischen etwas kleineren Bergen im Süden blicken wir auf die Poebene hinunter, hier sind die Alpen also definitiv zu Ende. Weiter links würden wir bei entsprechend klarer Sicht Venedig sehen können, wenn nicht noch einige Berge dazwischen wären. Tief unter uns in gleicher Richtung blicken wir auf diese beiden netten Tümpel. Heben wir wieder unser Haupt und lassen den Blick weiter nach rechts in nordwestliche Richtung schweifen. Hier haben wir die mächtigen Gletscher des Adamello. Nach dem Abstieg schauen wir uns noch ein wenig an der Manghenhütte um. Nordwestlich davon liegt der malerische Cadinellosee mit Blick auf den Cima di Valsolero und den Massen an parkenden Autos und Motorrädern. |